Der Schlüssel für die Zukunft des autonomen Fahrens

Die entscheidende Rolle von Satellitennavigation für die Zukunft des autonomen Fahrens

Status Quo des autonomen Fahrens

Die Zukunft des autonomen Fahrens hängt von hochzuverlässigen, sicheren und kontinuierlichen Positionierungsdiensten ab, insbesondere angesichts der aktuellen geopolitischen Lage mit einer Zunahme vorsätzlicher Signalstörungen wie Jamming und Spoofing. Bestehende Medium Earth Orbit (MEO)-basierte Global Navigation Satellite Systems (GNSS, wie Galileo und GPS) ermöglichen zwar eine grundlegende Navigation, bieten aber keine haftbaren Dienste mit Servicegarantie für den kommerziellen Regelbetrieb von autonomen Fahrzeugen. Zudem ist der Zukauf von GNSS-Korrekturdaten, wie er derzeit für die MEO-GNSS erforderlich ist, für das autonome Fahren nicht wirtschaftlich skalierbar, auch im Hinblick auf die Knappheit ausreichender Bandbreiten der Datenverbindungen (4G/5G). Die geplante europäische Low Earth Orbit Position Navigation Time (LEO-PNT) Konstellation sollte daher als zusätzliche GNSS-Layer auch die Abhängigkeit von zusätzlichen Korrekturdaten aufheben.

Der Bedarf an innovativen und kommerziellen Lösungen beim Zukunftsmarkt des autonomen Fahrens

Mit der zunehmenden Automatisierung im Straßenverkehr ist eine hochintegre, verlässliche GNSS-Navigation mit Quality of Service Monitoring im Satellitensegment, Bodensegment und in den Betriebsbereichen von autonomen Fahrzeugen notwendig, um die Anwendungen in den Regelbetrieb zu bringen. Die kürzlich veröffentlichte Strategie der Bundesregierung zur Zukunft des autonomen Fahrens (4.12.2024) hebt erstmals die zentrale Rolle der Satellitennavigation für autonome Mobilität hervor. Diese strategische Verankerung zeigt die Notwendigkeit eines weiterentwickelten, sicherheitskritischen Navigationsdienstes aus dem All.

Die derzeitigen MEO-GNSS, auch mit deren Erweiterungen, reichen für viele Anwendungen aus, jedoch nicht für sicherheitskritische Applikationen, wie dem autonomen Fahren.

Angesichts der aktuellen Krise an der osteuropäischen Grenze und der unvorhersehbaren Politik in Übersee haben die Internationale Fernmeldeunion ITU, die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation ICAO und die Internationale Seeschifffahrts-Organisation IMO im März 2025 eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie die Mitgliedstaaten auffordern, die Widerstandsfähigkeit der regionalen Satellitennavigationssysteme zu stärken und sie vor schädlichen Übertragungen zu schützen.

Für einen sicheren Betrieb sind daher zwei wesentliche Erweiterungen erforderlich:

1. Ein zusätzlicher LEO-PNT Layer mit Funktionalitäten für autonomes Fahren:

  • LEO-PNT bietet verbesserte Genauigkeiten, höhere Verfügbarkeiten und erhöhte Resilienz gegen Störungen wie Jamming und Spoofing, wie klassisches GNSS-MEO.
  • Die Systementwicklung sollte darauf ausgerichtet sein, dass LEO-PNT teilweise unabhängig von klassischen MEO-Systemen funktioniert. Dies bedeutet, dass ein Teil der Satellitenkonstellation von MEO abhängig sein kann, während ein anderer Teil der Konstellation autonom operiert, um eine verbesserte Systemredundanz und Robustheit zu gewährleisten.
  • Für die sicherheitskritischen Services, wie autonomes Fahren, muss LEO-PNT ein im Gesamtsystem integriertes Safety Management System beinhalten, sowie Quality of Service Monitoring auf den Satelliten (Space Segment) und im Bodensegment, das unabhängig von den Herstellern der LEO-PNT Elemente entwickelt wird (Segregation of Duty Prinzip bei sicherheitskritischen Systemen).

2. Eine hyperlokale GNSS-PNT Quality of Service Überwachung der Betriebsbereiche (Operational Domains, ODs) von autonomen Fahrzeugen (z.B. Autobahnen):

  • Straßeninfrastruktur-Sensoren (Road Side Units) ermöglichen eine kontinuierliche GNSS-Integritätsüberwachung und lokale Warnungen, um automatisierte Fahrzeuge rechtzeitig vor Signalstörungen (Jamming, Spoofing, …) zu warnen und zu schützen und in Zukunft auch Trajektorien vorzugeben, damit diese Störungen sicher durchfahren werden können (Continuity of Service).
  • Da eine sichere und kontinuierliche Konnektivität für das autonome Fahren unerlässlich ist, ist es nur sinnvoll, das hyperlokale GNSS Quality of Service Monitoring auf die Konnektivitätsüberwachung auszuweiten.

Strategische Bedeutung für Deutschland und Europa

Für Deutschland als führenden Automobilstandort, aber auch für die EU, sind sicherheitskritische PNT Dienste entscheidend für das autonome Fahren, um im globalen Wettbewerb mit den USA und China nicht abgehängt zu werden.

  • Das Automobil-Ökosystem befindet sich in einer Krise, mit tiefgreifenden Umbrüchen in Technologie, Markt und Regulierung.
  • Sichere PNT-Dienste aus dem All könnten ein Innovationsmotor für die deutsche und europäische Automobilwirtschaft sein.
  • Eine frühzeitige Investition in die sicherheitskritische Komponente von LEO-PNT mit dem Ziel von haftbaren Service Level Agreements für OEM unter Berücksichtigung des Kostenerwartungen der OEMs und des resultierenden Gesamt Business Cases , würde Deutschland und Europa strategisch in eine führende Position für die nächste Generation der Satellitennavigation bringen.
Schlussfolgerung und Handlungsempfehlung

Angesichts der geplanten Infrastruktur-Investitionen und der bevorstehenden ESA-Ministerratskonferenz im November 2025 ist es essenziell, dass Deutschland und die Europäische Union eine proaktive Rolle übernehmen, indem sie signifikante Mittel für die Industrialisierungsphase von LEO-PNT bereitstellen. Diese Investitionen sollten speziell auf die Entwicklung verlässlicher PNT-Dienste für autonomes Fahren und die Anpassung der Betriebsbereichs-Infrastrukturen für autonome Fahrzeuge ausgerichtet sein. Ein solcher strategischer Einsatz von Mitteln würde nicht nur die Basis für die Integration von LEO-PNT in das europäische Weltraumprogramm nach 2028 schaffen, sondern auch das Ziel unterstützen, ein kommerzielles LEO-PNT-System „made in Europe“ für autonomes Fahren zu entwickeln. Durch frühzeitige Investitionen in GNSS und LEO-PNT für autonomes Fahren sichert sich Europa eine technologische Spitzenposition und eine Führungsrolle in der nächsten Generation der sicherheitskritischen Satellitennavigation.